Exemplar der Auktion Künker 271, Berlin, Februar 2016, Los 401.
Erzherzog Ferdinand wurde erst relativ spät offizieller Landesherr der silberreichen Grafschaft Tirol. Er bekam in dem mit seinem älteren Bruder Kaiser Karl V. geschlossenen Teilungsvertrag zu Worms vom 21. April 1521 zunächst Ober- und Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und Krain. Tirol, ausserdem Vorderösterreich sowie das damals unter habsburgischer Statthalterschaft stehende Württemberg erhielt er einige Monate später zugesprochen gemäss eines zu Brüssel vorerst geheim gehaltenen, am 7. Februar 1522 vereinbarten Kontrakts. In diesen drei Landen blieb somit förmlich weiter sein Bruder Karl der Inhaber der landesfürstlichen Rechte. Zwar wurde Ferdinand 1523 bei seinem ersten Aufenthalt in der Grafschaft als Stellvertreter Karls von der Tiroler Bevölkerung und den Landständen feierlich empfangen, doch eine Erbhuldigung erfolgte hier erst nach der offiziellen Verkündigung Ferdinands als Landesherrn, die etliche Jahre später erfolgte. Einen wesentlichen Herrschaftszuwachs erlangte Ferdinand aufgrund des österreichisch-ungarisch-böhmischen Erbfolgevertrags von 1515 nach dem Tod des kinderlosen ungarischen und böhmischen Königs Ludwig II. Jagiello in der Schlacht bei Mohács 1526. Seine Krönung zum König von Böhmen erfolgte am 24. Februar 1527, die zum König von Ungarn am 3. November desselben Jahres.
Für Ende 1528 plante Ferdinand einen abermaligen Besuch in Tirol, da er am Landtag zu Innsbruck persönlich teilnehmen wollte. Indes verzögerte sich der Besuchstermin des Erzherzogs um einige Wochen. Der Grund für die Terminverschiebung geht anscheinend aus den Quellen nicht hervor, Heinz Moser und Heinz Tursky führen dafür den Ausbruch einer Seuche ins Feld, die für diese Verzögerung verantwortlich sein soll, gleichwohl könnten freilich hinter der Verlagerung des Besuchszeitpunkts auch politische oder gar persönliche Gründe stehen. Der Landtag fand am Montag nach dem Dreikönigstag 1529 zu Innsbruck statt. Diese Zusammenkunft wurde gleichzeitig dazu genutzt, den damals knapp Sechsundzwanzigjährigen feierlich als offiziellen Landesfürsten öffentlich zu deklarieren und einzuführen. In diesem Rahmen erfolgte sodann die Erbhuldigung der Tiroler Landstände, an der die Vertreter der Tiroler Geistlichkeit, der Ritterschaft, der Städte sowie der Bauern, gegenüber dem neuen Landesherrn ihre Loyalität und Unterstützung gelobten (J.-A. Brandis, Die Geschichte der Landeshauptleute von Tirol. Innsbruck 1850, S. 555).
Die vorliegende Prägung zeichnet sich durch einen meisterhaften feinplastischen Stempelschnitt aus. Das Bild der Vorderseite zeigt den Herrscher in voller Rüstung, mit Krone und Zepter zu Pferd, inmitten einer Gruppe von Untertanen, die ihm huldigen. Vier Männer aus dem Adel, darunter zwei Träger der Banner von Ferdinands bedeutendsten Besitzungen Österreich, Ungarn und Böhmen, dürfen gemäss dem vorgegebenen Reglement dieses Treuegelöbnisses stehend vor ihn treten, vier Vertreter des Bauernstandes müssen knien. Die heraldisch gestaltete Rückseite propagiert die Besitzungen Ferdinands, ebenso die Umschriften von Avers und Revers, die die Herrschertitulatur verkünden. Dieser repräsentative Typ wird traditionell als Tiroler Huldigungstaler bezeichnet. Gemäss Moser und Tursky soll der vorliegende Schautalertyp aber als Präsent und Ehrengabe der Tiroler Landstände zum geplanten Landtag vom Ende 1528 konzipiert worden sein (M./T. S. 65). Da hierzu keine eindeutigen quellenkundlichen Beweise existieren, liesse sich aber auch die bisherige Deutung (so z. B. Peter Ilisch, in: Numismatisches Nachrichtenblatt Jg. 24, 1975, S. 464) nicht ausschliessen, dass der Auftrag zur Prägung dieser Schaustücke und deren Ausgabe an ausgewählte Personen von Ferdinand selbst erfolgt sein könnte. Jedenfalls ist verbürgt, dass im Vorfeld dieses politischen Anlasses der seit 1508 an der Münzstätte Hall tätige Ulrich Ursentaler der Ältere mit dem Schneiden der Stempel betraut worden ist. Die Prägung des gesamten Schautalerkontingents dürfte somit spätestens bereits Ende des Jahres abgeschlossen gewesen sein, da sämtliche bekannten Schaustücke dieses Typs die Jahreszahl 1528 tragen. Angesichts der wohl kurzfristigen terminlichen Verlagerung des Tiroler Landtags sowie der anschliessenden Erbhuldigung dürften jedenfalls die betreffenden Stücke zu einer dieser beiden Gelegenheiten ausgeteilt worden sein. Für den Stempelschneider Ursentaler wäre eine Änderung der Jahreszahl von 1528 auf 1529 auf den bereits fertig gestellten Prägeeisen zweifelsohne zwar ein Leichtes gewesen, doch in der kurzen verbliebenen Zeitspanne bis zur Ankunft des Herrschers war die Prägung einer ausreichenden Menge solcher Schautaler mit aktualisierter Jahreszahl vermutlich nicht mehr zu bewerkstelligen. (Text aus: Auktionskatalog Künker 271, Osnabrück 2016, Seite 142).